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Artikel: Feste im Gefängnis

Schwere-Jungs-Tränen

 

Artikel im Zsaru (eine ungarische Polizeizeitschrift, Ausgabe 2007; Nr. 51/52)

Wir haben im Gefängnis in Vác mit zwei Häftlingen gesprochen. Sie haben die Weihnachtsfeiertage schon mehrmals hinter Gitter verbracht. Sie finden: die Heiligen Abende sind sehr traurig. Sie denken an die Menschen, die sie lieben, und sie beten zu Gott. Für sie bedeutet Weihnachten nicht schöne Lichter oder teure Geschenke. Sie feiern im Geist und sie fühlen am Tag der Liebe, dass sie richtige Liebe gefunden haben.
Wegen bewaffnetem Raubüberfall und versuchtem Mord haben sie mich zu 22 Jahren Gefängnis verurteilt, fängt Lajos B. (48 Jahre) an.
Davon habe ich schon 15 Jahre abgesessen. Mit was sollte ich meine Vergangenheit erklären ganz ehrlich gesagt: ich bin wegen meiner Persönlichkeit so tief gesunken. Meine Eltern trifft keine Schuld, ich bin in einer sozial gesunden Umgebung groß geworden. Ich wurde schon als Kind in eine Erziehungsanstalt, und später ins Jugendgefängnis nach Tököl gebracht.
Mein Leben war damals voller Sünde: Am Schluss habe ich mit meinen Komplizen zwei Läden ausgeraubt; einen in der Hauptstadt und einen in Szeged. Damals habe ich gedacht, dass man von Arbeit nicht leben kann. Ja ich kann nicht verschweigen, ich habe getrunken, Frauen gehabt, ich dachte dass ist der Sinn des Lebens.

Wegen  Drogenbesitzes und –handel habe ich sechs Jahre Gefängnisstrafe vom Richter bekommen – erklärt József N. (34 Jahre). Ich war sehr schwer drogenabhängig, ich habe in einer Metzgerei, einem Familienbetrieb gearbeitet. Es ist meine erste Strafe. Ich habe alles Gute von den Drogen erwartet, es war der Sinn meines Lebens.

 

Sie sind Gott begegnet

 

Die Gespräche mit den Häftlingen fanden in der Gefängnisbücherei statt. Beide arbeiten dort, neben der Bücherausgabe helfen sie auch bei der Gestaltung des kulturellen Programms mit.

Ich bin Teilnehmer vom Bibelkreis. Regelmäßig besuchen 50 Männer den Gottesdienst. Bevor ich ins Gefängnis kam war ich sehr selten in einer Kirche. Jetzt aber fühle ich mich Gott näher.
Die seelische Beziehung bedeutet mir sehr viel. Ich sehe ein, dass ich früher ein oberflächliches und schlechtes Leben geführt habe. Ich haschte nach den Momenten des Hochgefühls, es ist kein Wunder, dass dieser Lebensstil ins Gefängnis führte. Vielleicht geschah dies alles, damit ich eines Tages den Höchsten treffen kann.

Ich  war schon ein Jahr im Gefängnis, als Gott sich mir offenbart hat  – sagt Lajos Boros. Bis dahin wollte ich nichts davon wissen, dass ich Sünden begangen habe. Durch diese Begegnung wurde mir vieles klar. Nach meiner Bekehrung, habe ich beim Richter alles ehrlich gestanden. Der Richter strafte mich unverhältnismäßig hart, trotz allem bin ich nicht unzufrieden. Seitdem ich in diese protestantische Gemeinschaft hier gehe, fühle ich mich hinter Gitter frei. An Weihnachten dürfen wir gemeinsam mit unseren engen Verwandten an einem Gottesdienst teilnehmen, danach dürfen wir noch eine Stunde für Gespräche nutzen. Das bedeutet sehr viel, denn hier in Vác darf man nur einmal im Monat zum Gesprächstermin kommen.

 

Aus Verfluchten werden Gesegnete

 

An die Weihnachtsfeiern im Gefängnis konnte ich mich bis heute nicht gewöhnen – sagt Lajos B. kopfschüttelnd.
Nachdem ich hinter Gitter kam, wurde die Beziehung zu meiner Familie immer kälter. Es sah so aus, als ob sie mich aufgegeben hätten, vielleicht dachten sie, so jemandem kann man nicht mehr helfen. Gott jedoch war auf meiner Seite. Meine Verwandten haben dann auch gemerkt, dass ich nach meiner Bekehrung ganz anders geworden war. Sie nützten immer öfters die Besuchsgelegenheiten. Unsere Beziehung begann sich zu normalisieren. Ich habe auch eine Braut, sie ist eine Baptistin und arbeitet in der Pflege. Seitdem ich sie kennen gelernt habe, gehen die Tage einfacher vorüber, auch Weihnachten. Ich beginne das Ende des Tunnels zu sehen.
Ich habe auch eine Braut – ergreift József N. das Wort. Sie wohnt in Veszprém. Sie besucht mich regelmäßig, ich habe sie vor meiner Haftstrafe kennen gelernt. Sie hat es an meiner Seite ausgehalten, dies gibt mir Kraft. Bis jetzt habe ich zwei Weihnachten im Gefängnis verbracht. Das Erste war furchtbar. Ich habe geheult, lag auf meinem Bett und alles erschien mir sinnlos. Damals habe ich gedacht, meine Braut wird mich verlassen. Zum Glück ist sie treu geblieben, so war mein zweites Weihnachten nicht mehr so schlimm. Wenn alles gut geht, werden sie meine Strafe dritteln und ich muss nur noch zwei Weihnachten in meiner Zelle verbringen.
Lajos B. hat während den Jahren der Gefangenschaft Keyboard spielen gelernt. Er singt evangelistische Lieder dabei.

 

Die Musik hilft

 

Lajos Illés hat meine Musik angehört, und an meinem Stil Gefallen gefunden - sagt Lajos B.. Er half eine CD raus zu bringen. 1000 Stück wurden gemacht, von der Kirche gab es dazu finanzielle Unterstützung. An Weihnachten und auch an diversen Feiertagen spiele ich regelmäßig mit. Allerdings wurde mir hier klar was das Fest der Liebe wirklich bedeutet. Derjenige, der denkt, das der Mensch durch sehr teure Geschenke glücklich wird, der irrt sich. Liebe ist nicht das Schenken von Kostbarkeiten an andere. Das Wichtigste ist, wir sollen mit Herz und Seele geben – auch wenn es nur eine Kleinigkeit ist. Ich überrasche meine Knastkollegen zu diesem Anlass mit Schokolade, Karten mit Bibelversen und selbstgemachten Gipsbildern. Die Wärter sagen an Weihnachten sind die Gefangenen viel toleranter.

Die Glaubensaktivitäten ziehen die meisten Gefangenen an, sagt die für Kulturerziehung zuständige Dame, die ihren Namen hier nicht genannt haben möchte. Sie besuchen sehr gerne die Gottesdienste. An Weihnachten ist die Kirche ganz voll. Es kam auch schon vor, dass ehemalige Häftlinge zum Bibelkreis kamen.
Wir bekommen als Spende mehrere Bäume. Auf dem Hof, im Kulturraum und auch in der Kapelle schmücken wir Bäume. Manchmal können wir sogar Bäume in den Fluren aufstellen. Am Heiligabend verteilen wir Süssigkeiten. Wir schauen auch im Kulturraum Weihnachtsfilme an.
Es ist eine abgeschlossene Welt hier und doch wird auch hier das Fest der Liebe nicht vergessen.

 

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